Wenn das Fachpublikum innerhalb eines Gesamtkennzeichens einen Bestandteil (hier „Robugen“) als Herstellerkennzeichnung versteht, dann kann der andere Zeichenbestandteil (hier „Diacaro“) als eigentliche Produktkennzeichnung eine selbstständig kollisionsbegründende Stellung innehaben.
Sachverhalt
Die Entscheidung betrifft die Anmeldung der deutschen Wortmarke „Diacaro Robugen“ für pharmazeutische Erzeugnisse und andere Waren in Klassen 3 und 5. Gegen die Eintragung der Marke wurde aus der für Arzneimittel in Klasse 5 eingetragenen Marke „Diacard“ Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch blieb zunächst erfolglos. Das DPMA sah selbst im Bereich identischer Waren keine Verwechslungsgefahr gegeben. Insofern sei zu berücksichtigen, dass sich die jüngere Marke aufgrund ihres zusätzlichen Bestandteils „Robugen“ deutlich von der Widerspruchsmarke unterscheide. Der Zeichenbestandteil „Diacoro“ dürfe nicht isoliert mit der Widerspruchsmarke verglichen werden. Gegen eine zergliedernde Betrachtung, wonach „Diacoro“ als eigentliche Produktmarke und „Robugen“ als Herstellerhinweis verstanden werde, spreche, dass Verbraucher diesen Herstellernamen nicht als solchen wahrnehmen werden. Im Übrigen seien aber auch die Zeichen „Diacaro“ und „Diacard“ nicht verwechslungsfähig. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Endung „-card“ eine Bedeutung im Sinne von „Herz“ habe, was die Unterscheidung erleichtere. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde ist erfolgreich. Das BPatG geht mit der Widersprechenden davon aus, dass sich die Zeichen verwechslungsfähig gegenüberstehen. Zwar wiesen die Zeichen in ihrer Gesamtheit gravierende Unterschiede auf. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass jedenfalls dem medizinischen Fachverkehr die Herstellerkennzeichnung „Robugen“ geläufig sei. Er wird daher die angegriffene Marke dahingehend verstehen, dass sie sich einerseits aus der vorgenannten Herstellerkennzeichnung und andererseits aus der eigentlichen Produktkennzeichnung „Diacaro“ zusammensetzt, die wiederum schriftbildlich hochgradig ähnlich zu „Diacard“ sei. Der Umstand, dass die Endung „-card“ im Sinne von „Herz“ verstanden werde, stehe der Annahme von Verwechslungsgefahr nicht entgegen. Für Arzneimittel wie z.B. Dermatika, die keinen Zusammenhang zu einer kardiologischen Indikation aufweisen, sei ein solcher Bedeutungsgehalt fernliegend. Zudem komme ein inhaltlich wegführender Bedeutungsgehalt beim Zeichenvergleich dann nicht zum Tragen, wenn sich der Verkehr wegen der schriftbildlichen Ähnlichkeit verliest und ihm der entsprechende Sinngehalt deswegen entgeht.
Anmerkung
Die Entscheidung ist insofern interessant, als dass sich Verwechslungsgefahr in der Regel leichter mit Blick auf den Endverbraucher herleiten lässt, vorliegend aber explizit auf die Wahrnehmung des ebenso angesprochenen Fachverkehrs abgestellt wurde. In der gegebenen „Thomson Life-Konstellation“ macht dies durchaus Sinn. Denn hier lässt sich anhand der Marktgegebenheiten (Unternehmensgeschichte, ähnlich konstruierte Arzneimittelnamen in der Roten Liste usw.) gut herleiten, dass und warum der Fachverkehr ein Zeichen zergliedernd wahrnehmen wird und einem Einzelbestandteil ausnahmsweise eine selbstständig kollisionsbegründende Stellung zukommt.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.