Zwischen den Zeichen MIVACRON und MITOCHRON besteht im Hinblick auf Waren der Klasse 5 – trotz erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise – Verwechslungsgefahr.
Sachverhalt
Die Anmelderin meldete die Marke „MITOCHRON“ für verschiedene Waren der Klasse 5, darunter für pharmazeutische Erzeugnisse, als Unionsmarke an. Der daraufhin aus der älteren britischen Marke „MIVACRON“ – geschützt für „pharmazeutische Präparate und Substanzen“ in Klasse 5 – eingelegte Widerspruch war in beiden Instanzen (Widerspruchsabteilung, Beschwerdekammer) erfolgreich. Das EUIPO konstatierte den angesprochenen Verkehrskreisen (medizinische Fachkreise und Verbraucher in England) zwar eine hohe Aufmerksamkeit, bejahte aber gleichwohl die Verwechslungsgefahr. Dabei ging es von einer teilweisen Warenidentität bzw. Warenähnlichkeit und einer schriftbildlichen und klanglichen Ähnlichkeit aus. Der älteren Marke „MIVACRON“ käme keine begriffliche Bedeutung zu. Ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise würde dagegen dem jüngeren Zeichens „MITOCHRON“ eine bestimmte Bedeutung beimessen, was der Annahme von Verwechslungsgefahr jedoch nicht entgegenstünde. Die Anmelderin beantragt, die Entscheidung der Beschwerdekammer aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Entscheidung
Das Gericht weist den Antrag ab. Es bejaht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 (1) (b) UMV. Das Amt sei zu Recht davon ausgegangen, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die in Streit stehenden Waren der Klasse 5 über ein hohes Maß an Aufmerksamkeit verfügten. Das ältere Zeichen weise keine begriffliche Bedeutung auf. Auch würden allenfalls Teile der angesprochenen Verkehrskreise die Vorsilbe „Mito“ des jüngeren Zeichens als medizinischen Hinweis u.a. auf Fehlfunktionen der Mitochondrien beziehen und den Wortbestandteil „chron“ mit dem Begriff Zeit in Verbindung bringen. Selbst für diesen Teil der Verkehrskreise hätte das jüngere Zeichen aber keine klare und spezifische Bedeutung. Aus diesem Grund komme ein begrifflicher Vergleich nicht in Betracht. Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der Warenidentität bzw. Warenähnlichkeit und der schriftbildlichen und klanglichen Ähnlichkeit (Übereinstimmung der ersten Buchstaben „M“ und „I“ sowie den letzten Buchstaben „C“, „R“, „O“ und „N“ sowie der Silben „mi“ und „cro“) bestehe deshalb eine Verwechslungsgefahr. Die Unterschiede in der Zeichenmitte fielen dagegen nicht weiter ins Gewicht.
Anmerkung
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise bei Arzneimittelmarken erhöht ist. Dies gilt „von Berufs wegen“ für die medizinischen Fachkreise (insbesondere Ärzte, Apotheker), die in den Absatz der Produkte eingebunden sind und deshalb über detaillierte Kenntnisse der Kennzeichnungsgewohnheiten im Arzneimittelbereich verfügen (Anlehnung an INNs etc.). Aber auch die adressierten Verbraucher wenden in Gesundheitsfragen regelmäßig eine größere Aufmerksamkeit auf als beim Erwerb von bloßen Verbrauchsgütern. Angesichts der hohen schriftbildlichen wie klanglichen Ähnlichkeit und der fehlenden begrifflichen Bedeutung des älteren Zeichens ist es gleichwohl konsequent, eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.
© Dr. Ralf Möller, M.Jur.