Der Begriff „IRAP“ ist mangels Unterscheidungskraft für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 5, 10, 42 und 44 nicht eintragungsfähig. Der im vorliegenden Fall allein relevante Fachverkehr versteht das Zeichen als Abkürzung für „Interleukin-1-Rezeptor- Antagonist-Protein.“
Sachverhalt
Die Klägerin meldete 2004 die Wortmarke „IRAP“ für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 5, 10, 42 und 44 zum Gemeinschaftsmarkenregister an. Für die in Klasse 5 angemeldeten pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnisse und Präparate wurde die Anmeldung unter Hinweis auf den beschreibenden Charakter der Bezeichnung „IRAP“ als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen. Im Übrigen gelangte die Marke 2006 zur Eintragung. 2010 beantragte die Streithelferin unter Berufung auf Art. 7 I lit. b, c und d GMV die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke. Die Löschungsabteilung erklärte die Gemeinschaftsmarke 2011 für alle Waren und Dienstleistungen aufgrund der Eintragungshindernisse des Art. 7 I lit. b und c GMV für nichtig. Die daraufhin eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Nach Ansicht der Beschwerdekammer erkennen die maßgeblichen Verkehrskreise (Fachleute in wissenschaftlich-medizinischen Bereichen) das Wort „IRAP“ als Abkürzung für „Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist-Protein“ und nehmen dieses nicht als Herkunftshinweis wahr. Daher sei das Zeichen IRAP für die fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig (Art. 7 I lit. b GMV). Die Klägerin beantragt, die Entscheidung der Beschwerdekammer aufzuheben.
Entscheidung
Das EuG bestätigt die Entscheidung der Beschwerdekammer und weist die Klage ab. Es geht dabei – ebenso wie die Vorinstanzen – von der fehlenden Unterscheidungskraft der Bezeichnung „IRAP“ gemäß Art. 7 I lit. b GMV aus. Die Fachkreise, die den Begriff „IRAP“ als Abkürzung für das Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist-Protein verstehen, seien in der Lage, einen hinreichend direkten Zusammenhang zwischen diesem Protein und den fraglichen Waren und Dienstleistungen herzustellen. Der Begriff „IRAP“ werde deshalb nicht als Fantasiewort wahrgenommen. Somit sei davon auszugehen, dass die streitige Marke Informationen über die Art der betreffenden Waren und Dienstleistungen liefere und daher von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Angabe der betrieblichen Herkunft aufgefasst werde. Da die Beschwerdekammer ihre Entscheidung nicht auf das Eintragungshindernis des Art. 7 I lit. c GMV gestützt habe, müsse nicht geprüft werden, ob die Bezeichnung „IRAP“ für die betroffenen Waren und Dienstleistungen darüber hinaus unmittelbar beschreibend ist. Folglich sei es unerheblich, dass das mit dem Begriff „IRAP“ bezeichnete Protein als solches von der Klägerin nicht vertrieben werde oder dass es keine wesentliche Eigenschaft der von ihr vermarkteten Waren und Dienstleistungen darstelle. Die Beschwerdekammer habe zu Recht dem Zeichen IRAP Unterscheidungskraft für die fraglichen Waren und Dienstleistungen abgesprochen.
Anmerkung
Zwischen den Anwendungsbereichen der Eintragungshindernisse der Art. 7 I lit. c GMV und Art. 7 I lit. b GMV bestehen regelmäßig Überschneidungen, da den von Art. 7 I lit. c GMV erfassten beschreibenden Zeichen auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 I lit. b GMV zukommt. Aus diesem Grund erfolgt die Prüfung beider Eintragungshindernisse oftmals ohne trennscharfe Subsumtion unter die jeweiligen Tatbestandsmerkmale. Das Eintragungshindernis der „fehlenden Unterscheidungskraft“ einer Marke unterscheidet sich jedoch von dem Eintragungshindernis des „beschreibenden Charakters“ eines Zeichens und geht insofern weiter. Denn es erfasst sämtliche Umstände, unter denen ein Zeichen nicht zur Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen geeignet ist.Ihm kommt deshalb immer dann eine eigenständige Bedeutung zu, wenn – wie im Falle der Abkürzung „IRAP“ – das fragliche Zeichen die betreffenden Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar beschreibt, es von den angesprochenen Verkehrskreisen aber gleichwohl nicht als Herkunftshinweis aufgefasst wird.
© Dr. Ralf Möller, M.Jur.