Azela-Vision
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20. Dezember 2015

Bilder auf Arzneimittelpackungen

OLG Köln, Urt. v. 12.6.2015, Az. 6 U 188/14

Darstellungen auf Arzneimittelpackungen sind nur dann unzulässig, wenn sie einen werblichen Überschuss enthalten oder zu Werbezwecken eingesetzt werden. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall unter Mitberücksichtigung des Marktumfelds zu beurteilen.

Sachverhalt

Das Urteil betrifft die Zulässigkeit der Gestaltung der nachfolgend abgebildeten Umverpackung des apothekenpflichtigen Antihistaminikums Azela-Vision.

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Die Klägerin vertrat insoweit die Auffassung, dass die Gestaltung der „Blumen- oder Gräserwiese“ gegen § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG i.V.m. Art. 62 des Humanarzneimittelkodex (2001/83/EG) verstoße, da es sich um eine unzulässige Werbung handele. Die Darstellung sei zudem irreführend i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, i.V.m. § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3a HWG, da sie den fälschlichen Eindruck erwecke, das Arzneimittel beinhalte pflanzliche Bestandteile und wirke auf pflanzliche Weise. Die mit der Sache zunächst befassten Landgerichte Hamburg und Köln schlossen sich dieser Auffassung an und untersagten die Verwendung der Verpackung mit der streitgegenständlichen Darstellung.

Entscheidung

Die von der Beklagten zum OLG Köln eingelegte Berufung ist erfolgreich. Anders als die erstinstanzlichen Gerichte kommt das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass die Gestaltung der Umverpackung rechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Abbildung auf der Packung könne eine allgemeine Werbewirkung nicht abgesprochen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH seien solche Darstellungen indes nur dann unzulässig, wenn sie entweder einen werblichen Überschuss enthielten oder zu Werbezwecken eingesetzt würden (vgl. BGH, GRUR 2009, 990 – Metoprolol). Andersherum seien Bildzeichen zulässig, wenn sie lediglich der unterstützenden Kommunikation von Pflichtangaben dienen (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 10 Rn. 46 m.w.N.). Ein solcher Fall sei nach Ansicht des OLG Köln vorliegend gegeben, da die streitgegenständliche Darstellung bloß die Angabe „gegen Heuschnupfen“ bildlich umsetze. Im Übrigen sei die Darstellung auch nicht irreführend. Der Verkehr werde nicht dahingehend getäuscht, dass es sich um ein pflanzliches oder homöopathisches Arzneimittel handele. Dagegen spreche nicht nur, dass der Wirkstoff „Azelastinhydrochlorid“ deutlich sichtbar auf der Packung angegeben werde, sondern auch, dass die Packung keine konkrete Pflanze zeige.

Anmerkung

Das Urteil verdeutlicht, dass sich die Grenze zwischen einer bloß geschmacklich ansprechenden Gestaltung und einer bereits werblichen Überschuss aufweisenden Gestaltung nicht mit chirurgischer Präzision ziehen, und schon gar nicht abstrakt festlegen lässt. Vielmehr ist eine Einzelfallbetrachtung angezeigt, bei der auch das jeweilige Marktumfeld mitzuberücksichtigen ist. Hierdurch wird gerade im Bereich apothekenpflichtiger oder frei erhältlicher Arzneimittel die Tür zu einer Gestaltungsfreiheit geöffnet, die in der Tendenz liberaler ist, als man zunächst meinen könnte. Für Arzneimittelhersteller, die ihre Markenprodukte auch über die (nicht selten rechtlich geschützte) Gestaltung der Umverpackung von Wettbewerbsprodukten abgrenzen, ist dies eine gute Nachricht.

 

© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.

David Slopek
Dr. David E.F. Slopek, LL.M.
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