Bei Zahnpflegekaugummis und Mundwassern ist der allgemeine Verbraucher nur durchschnittlich aufmerksam, auch wenn diese Waren teilweise einen medizinischen Zweck erfüllen können.
Sachverhalt
Der Widerspruch aus der älteren Marke „ELMEX“ gegen die EU-Erstreckung der IR „ELMA“ richtete sich ausschließlich gegen bestimmte Zahnpflegekaugummis und Zahnpflegemittel („chewing-gums for medical and dental purposes containing Chios mastic, dental mastic and dental materials containing Chios mastic; mouth solution for medical, dental and hygienic purposes containing Chios mastic”) in Klasse 5. Die Widerspruchsabteilung des HABM gab dem Widerspruch vollumfänglich statt. Die Beschwerdekammer bestätigte diese Entscheidung und bejahte ebenfalls eine Verwechslungsgefahr, wobei sie von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad für die streitgegenständlichen Waren ausging.
Entscheidung
Das EuG bestätigte diese Sichtweise. In ihrer Klage berief sich die Klägerin erstmals auch auf die angebliche Bekanntheit der Anmeldemarke bzw. des Inhaltsstoffs Mastixharz der griechischen Insel Chios („Chios mastic“). Das Gericht lehnte diese neue Argumentation bzw. diese neuen Beweismittel als unzulässig ab. Jedoch prüfte das EuG die Rüge der Klägerin, dass die Beschwerdekammer die unterschiedliche Natur der streitgegenständlichen Waren nicht hinreichend berücksichtigt hätte, da die angegriffenen Waren dieses spezielle Mastixharz beinhalten, das auch den Status einer geschützten Ursprungsbezeichnung genießt. Nach Auffassung des Gerichts verändert dieser Inhaltsstoff aber nicht die Natur der angegriffenen Waren. Es handele sich weiterhin um Waren, die zur Zahn- und Mundhygiene eingesetzt werden und damit über dieselben Vertriebswege angeboten werden, wie die Widerspruchswaren der Klasse 3. Auch kann der Status als geschützte Ursprungsangabe zu keiner unterschiedlichen Bewertung führen, da diese lediglich die geographische Herkunft eines Produkts garantiert. Im Fokus stand zudem der Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Durchschnittsverbrauchers. Die Argumentation der Klägerin, dass vorliegend ein höherer Aufmerksamkeitsgrad anzulegen sei, da die streitgegenständlichen Zahnpflegeprodukte auch einen medizinischen Zweck erfüllen würden, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts sei ein Großteil der Verbraucher beim Kauf der angemeldeten Zahnpflegeprodukte bloß durchschnittlich aufmerksam, selbst wenn man annehmen würde, dass es auch Verbaucher gibt, die solche Produkte aus medizinischen Gründen kaufen.
Anmerkung
Zu Recht sind das HABM und das Gericht von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen. Der Widerspruch richtete sich eben nicht gegen die klassischen pharmazeutischen Produkte, die ebenfalls von der Erstreckung umfasst waren, sondern ausschließlich gegen die genannten Zahnpflegekaugummis und Zahnpflegeprodukte. Es ist erfreulich zu sehen, dass hier, obwohl Waren der Klasse 5 betroffen waren, eine differenzierte Sichtweise gefunden wurde. Zahnpflegekaugummis werden, auch unabhängig von ihrer medizinischen oder zahnmedizinischen Bestimmung, auch in Supermärkten oder Drogerien neben anderen Konsumgütern vertrieben, was einen höheren Aufmerksamkeitsgrad nicht gerechtfertigt hätte.
© Dr. Johannes Fuhrmann, LL.M.