Choragon Koragel
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01. September 2015

Choragon ≠ Koragel

EuG, Urt. v. 13.5.2015, T-169/14

Die Zeichen CHORAGON und KORAGEL sind auch im Hinblick auf den deutschen Verbraucher, der die beiden ersten Silben beider Zeichen in der Regel identisch ausspricht, nicht verwechselbar ähnlich.

Sachverhalt

Sowohl die Widerspruchsabteilung als auch die Beschwerdekammer des HABM verneinten eine Verwechslungsgefahr zwischen CHORAGON und KORAGEL für Waren der Klasse 5. Die Zurückweisung des Widerspruchs begründete die Kammer insbesondere mit der geringen Zeichenähnlichkeit. Auch wenn einige Waren als identisch anzusehen seien, werde der Verbraucher die Zeichen im Hinblick auf die hohe Aufmerksamkeit bei pharmazeutischen Produkten nicht verwechseln. Gegen diese Entscheidung der Beschwerdekammer richtete sich die Klage der Widersprechenden.

Entscheidung

Das EuG wies die Klage zurück. Das Gericht bestätigte zunächst, dass der Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Verbrauchers namentlich im Zusammenhang mit pharmazeutischen Produkten hoch sei. Im Hinblick auf die Warenähnlichkeit stimmte das Gericht der Ansicht der Klägerin teilweise zu. Die Warenkategorien „Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren” und “Fungizide” seien eben nicht auf den Pflanzenschutz beschränkt, sondern könnten auch einen Schutz für Mensch und Tier vor Schädlingen darstellen. Daher könnten solche Waren auch im Zusammenhang mit pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Produkten eingesetzt werden. Für diese Warenkategorien war daher entgegen der Entscheidung der Beschwerdekammer zumindest eine geringe Warenähnlichkeit anzunehmen. Auch im Hinblick auf „Babykost“ bejahte das Gericht eine geringe Warenähnlichkeit zu den pharmazeutischen Produkten der älteren Marke, da diese oftmals komplementär seien und auch über dieselben Vertriebswege, nämlich Apotheken, vertrieben würden. Im Ergebnis hatte diese von der Beschwerdekammer abweichende Beurteilung aber keine praktische Auswirkung. Im Hinblick auf den Zeichenvergleich bestehe nur geringe visuelle Ähnlichkeit und leicht überdurchschnittliche phonetische Ähnlichkeit in der deutschen Sprache, da dort jedenfalls die beiden ersten Silben identisch ausgesprochen werden. Das EuG schloss sich aber nicht der Auffassung an, dass dem phonetischen Zeichenvergleich besonderes Gewicht beizumessen sei. Unabhängig davon ob ein Medikament verschreibungspflichtig sei oder nicht, werde der Verbraucher dieses vor dem Kauf in jedem Fall auch visuell wahrnehmen. Im Hinblick auf den erhöhten Aufmerksamkeitsgrad sei daher eine Verwechslungsgefahr insgesamt zu verneinen.

Anmerkung

Zwar weisen die Zeichen einen gemeinsamen identischen Kern „-ORAG-“ auf, jedoch unterscheiden sich beide visuell sowohl am Wortanfang als auch am Wortende. Der Verbraucher wird aber gerade keine Analyse einzelner Bestandteile durchführen, sondern sich vielmehr vom Gesamteindruck leiten lassen, der in der Regel vom Wortanfang geprägt wird. Dass das EuG hier eine Verwechslungsgefahr aufgrund der Zeichenunterschiede und des erhöhten Aufmerksamkeitsgrades bei pharmazeutischen Produkten verneint hat, liegt damit auf der bisherigen Rechtsprechungslinie.

 

© Dr. Johannes Fuhrmann, LL.M.

Johannes Fuhrmann
Dr. Johannes Fuhrmann, LL.M.
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