Sander v Sandter 1953
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05. Juli 2015

Sander = Sandter 1953

BPatG, B. v. 1.6.2015, Az. 24 W (pat) 46/1

Die Marke SANDER wird trotz geringer Umsatzzahlen rechtserhaltend benutzt. Das Zeichen ist mit der Marke SANDTER 1953 klanglich verwechselbar ähnlich.

Sachverhalt

Die NetMed S.à.r.l. aus Luxemburg meldete die Marke SANDTER 1953 für verschiedenen Waren der Klassen 3, 5 und 10 beim DPMA an. Hiergegen erhob die deutsche Firma Sander chemisch-pharmazeutische Fabrik GmbH aus Ihrer bereit 1933 eingetragenen Marke SANDER Widerspruch. Das DPMA hat den Widerspruch zurückgewiesen, weil eine rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Entscheidung

Das BPatG sah dies anders und hat eine rechtserhaltende Benutzung zumindest für „Fingerlinge“ anerkannt. Das sind Schutzkappen für Finger, die sowohl in Betrieben als Arbeitsschutzartikel als auch im Sanitäts- und Erste-Hilfebereich als Hygieneschutz ihren Einsatz finden. Das BPatG sah in den geringen Umsatzzahlen kein Problem und hielt der Anmelderin zu Gute, dass es sich bei Fingerlingen um eine geringpreisige Ware handele. Geringe Umsätze mit niedrigpreisigen Massenwaren könnten eine bloße Scheinbenutzung ausschließen, wenn hohe Stückzahlen am Markt abgesetzt werden, was hier der Fall war. Es komme nicht auf den (absoluten) Umsatz an, sondern vielmehr darauf an, ob bei objektiver Betrachtung die Vertriebshandlungen auch ohne Berücksichtigung des Zwecks, den Bestand der Marke zu erhalten, als wirtschaftlich sinnvoll anzusehen seien.
Ferner sah das BPatG die Ware „Fingerlinge“ vom Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke als gedeckt an. Das Warenverzeichnis weise zwar nicht explizit die Ware „Fingerlinge“ auf, könne jedoch unter „Handschuhe“ (Klasse 25) und „Bandagen“ (Klasse 10) subsumiert werden. Denn die Ware „Fingerlinge“ diene dazu, einen einzelnen oder mehrere Finger zu bedecken, um einen ungeschützten Kontakt mit der Umgebung zu verhindern.
Zur Beurteilung der Warenähnlichkeit wendet das BPatG die sog. erweiterte Minimallösung an. Das bedeutet, dass der Kreis der zu berücksichtigenden Waren über die konkret benutzte Ware, hier „Fingerlinge für den Einsatz im Arbeitsschutz“, auch auf andere Anwendungsfelder, so z.B. in der Medizin, ausgedehnt wird. Denn der Verkehr werde die Waren unabhängig vom konkreten Einsatzzweck als spezielle Form der Schutzbekleidung ansehen. So hat das BPatG aufgrund desselben hygienischen Zweckes, nämlich dem Schutz vor Verletzung oder Verschmutzung, eine Warenähnlichkeit mit „Verbandstoffe“ der Klasse 5 und „OP-Kleidung; Bekleidung für medizinische Zwecke“ der Klasse 10 anerkannt.
Schließlich hat das BPatG eine Markenähnlichkeit bejaht. Denn die angegriffene Marke SANDTER 1953 werde entscheidend von dem Wortbestandteil „SANDTER“ geprägt. Der weitere Bestandteil „1953“ werde hingegen vom Verkehr lediglich als Jahreszahl aufgefasst werden, die keine herkunftshinweisende Funktion beinhalte. Klanglich seien die Marken SANDTER und SANDER kaum zu unterscheiden.
Mit den verbleibenden Waren „Massageöl; Desinfektionsmittel; Handtücher und Bettwäsche für medizinische Zwecke“ hat das BPatG keine Warenähnlichkeit gesehen und den Widerspruch insofern zurückgewiesen. Daran ändere auch nicht ein gewisser funktioneller Zusammenhang (Tragen von Fingerlingen bei der Verwendung von Massageöl oder Desinfektionsmittel).

Anmerkung

Bei geringpreisigen Massenartikel können auch niedrige Umsätze für eine rechtserhaltende Benutzung ausreichen. Entscheidend sind hier die vertriebenen Stückzahlen. Bei sehr alten Marken, hier war das Zeichen 1933 angemeldet, kann es Sinn machen die Marke nachanzumelden, da die Begriffe im Warenverzeichnis veraltet sind und gegebenfalls die aktuelle Benutzung nur mit einigem Argumentationsaufwand darunter subsumierbar ist. So hat in dem parallelen Fall die Beschwerdekammer des HABM eine Benutzung lediglich für „Bandagen“ anerkannt (vgl. Entscheidung vom 24.10.2013, R 1846/2012-1).

 

© Margret Knitter, LL.M.

Margret Knitter
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