Yosoi
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29. Juni 2015

Yosoi

BPatG, B. v. 15.1.2015, Az. 25 W (pat) 76/11

Für die Auslegung, ob die mit der Marke gekennzeichnete Ware unter einen Warenbegriff des Verzeichnisses fällt, ist von der natürlichen Bedeutung des Begriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie von der bei der Klasseneinteilung und der Ähnlichkeit von Waren verwendeten Fachterminologie auszugehen.

Sachverhalt

Die Entscheidung betrifft den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke „YOSOI“, eingetragen u. a. für diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke in Klasse 5, Milch in Klasse 29 (auf Milchprodukte war im Laufe eines anderen Verfahrens verzichtet worden) sowie getrocknetes Gemüse, gegen eine jüngere Marke „Yosoja“. Der Widerspruch wurde im Erinnerungsverfahren wegen fehlender Verwechslungsgefahr vollständig zurückgewiesen.

Entscheidung

Das BPatG weist die Beschwerde zurück, ohne auf Fragen der Verwechslungsgefahr einzugehen. Die Widersprechende habe nämlich mit der Verwendung der Marke „YOSOI“ für einen Sojajoghurt eine rechtserhaltende Benutzung für eine der eingetragenen Waren nicht glaubhaft gemacht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sowie der Fachterminologie seien Sojaprodukte als Alternative zu den Milchprodukten Milchersatzprodukte. Sojaprodukte würden in erheblichem Umfang von Personen, die an Laktoseintoleranz leiden, konsumiert. Trotz entsprechender Hinweise in den Prospekten seien die Angaben zur Zielgruppe der Personen mit Laktoseintoleranz aber derart breit gefasst, dass nicht von einer hinreichend spezifischen medizinischen Zweckbestimmung ausgegangen werden könne. Der Sojajoghurt sei daher nicht als diätetisches Erzeugnis für medizinische Zwecke einzuordnen. Auch eine Einordnung als Gemüse oder Milch sei fernliegend. Somit könne die Ware Sojajoghurt unter keinen Begriff aus dem Warenverzeichnis subsumiert werden. Auch nach der Auffassung des HABM über die Verwendung von Klassenüberschriften könne nicht von einer rechtserhaltenden Benutzung ausgegangen werden. Selbst wenn man den Verzicht auf „Milchprodukte“ außer Acht lasse, verhelfe die Anwendung der HABM-Grundsätze dem Widerspruch nicht zum Erfolg, weil „Sojajoghurt“ in der zum Zeitpunkt der Anmeldung der Widerspruchsmarke gültigen Liste der 8. Ausgabe der Nizzaer Klassifikation gerade nicht enthalten gewesen sei. Jede andere Auslegung würde der wichtigen Publizitätsfunktion des Registers widersprechen, weil der Schutzgegenstand dann tatsächlich nur mit einer Recherche zu ermitteln wäre. Obwohl nicht mehr entscheidungserheblich, bezeichnet das BPatG die Auffassung des HABM zu den vor dem 20.6.2012 (Datum der IP-Translator Entscheidung) angemeldeten Marken als Widerspruch zu fundamentalen Rechtsgrundsätzen, die auch vom EuGH bestätigt worden seien.

Anmerkung

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, das Warenverzeichnis an den konkreten in Verkehr gebrachten oder geplanten Produkten zu orientieren. Immerhin hatte die Widersprechende jährlich Millionenumsätze mit Sojajoghurt erzielt. Überraschend, widersprüchlich und wenig überzeugend erscheint die Auffassung des Senates, wonach Sojaprodukte zwar einerseits überwiegend von Personen konsumiert werden, die an Laktoseintoleranz leiden, andererseits entsprechende Angaben aber zu allgemein seien, um das Produkt als „für medizinische Zwecke“ bestimmt einzuordnen. Diese Einschätzung läuft auch der Rechtsprechung des EuG zuwider, wonach gerade aufgrund der jüngsten Erarbeitung der 9. Ausgabe der Nizzaer Klassifikation von einem weiten Verständnis des „medizinischen Zwecks“ auszugehen ist (EuG, Urt. v. 23.1.2014, T-221/12).

 

Überzeugend sind hingegen die Ausführungen zur vom HABM vertretenen Auffassung zu Verzeichnissen mit allen Oberbegriffen. Diese lässt sich in der Tat nicht mit dem Erfordernis vereinbaren, dass die Waren so klar und eindeutig angegeben sein müssen, dass alle Beteiligten den Schutzumfang der Marke bestimmen können. Allerdings sieht die aktuelle Entwurfsfassung der neuen GMV (nicht aber der Richtlinie) in Art. 28 (8) vor, dass Inhaber von vor dem 22.6.2012 angemeldeten Marken binnen 6 Monaten erklären können, für welche weiteren, nicht unmittelbar unter die Oberbegriffe subsumierbaren Waren Schutz beansprucht werden soll. Die praktischen und rechtlichen Auswirkungen dieser wahrscheinlich in Kürze in Kraft tretenden Regelung sind kaum absehbar.

 

© Rainer Kaase, LL.M.

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Rainer Kaase, LL.M.
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