Lonarid vs Momarid
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16. Februar 2015

Lonarid ≈ Momarid

EuG, Urt. v. 2.12.2014, T-45/13

Lonarid und Momarid weisen nur eine leicht überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit auf und sind nicht verwechselbar, soweit sich Schmerz- und Fiebermittel einerseits und u. a. Dermatologika und Diätetika für medizinische Zwecke andererseits gegenüberstehen. Diese Waren sind zu Schmerz- und Fiebermitteln nur entfernt ähnlich.

 

Sachverhalt

Das Urteil betrifft die Gemeinschaftsmarkenanmeldung Momarid, u.a. für pharmazeutische Erzeugnisse, Diätetika, dermatologische Präparate und chemische Erzeugnisse für pharmazeutische Zwecke. Dagegen legte die Inhaberin der für pharmazeutische Erzeugnisse eingetragenen Gemeinschaftsmarke Lonarid Widerspruch ein. Der Widerspruch war zunächst gegen alle Waren in der Klasse 5 erfolgreich. Die Beschwerdekammer stellte – abweichend von der Widerspruchsabteilung – auf die zuvor erhobene Nichtbenutzungseinrede hin fest, dass Londarid nur für Schmerz- und Fiebermittel als rechtserhaltend benutzt anzusehen ist. Davon ausgehend wird Verwechslungsgefahr verneint, soweit sich nicht identische Waren gegenüberstehen, wobei die chemischen Erzeugnisse für pharmazeutische Zwecke als nicht ähnlich zu Schmerz- und Fiebermittel eingeordnet wurden. Die übrigen Waren (u.a. dermatologische Präparate) seien allenfalls zu einem geringen Grad ähnlich, so dass im Hinblick auf die gesteigerte Aufmerksamkeit des Verkehrs keine Verwechslungsgefahr vorliege.

Entscheidungen

Die dagegen erhobene Klage ist nur hinsichtlich der „chemischen Erzeugnisse für pharmazeutische Zwecke“ erfolgreich. Das EuG bestätigt zunächst seine inzwischen ständige Rechtsprechung, wonach im gesamten Gesundheitsbereich in der Klasse 5 von einer überdurchschnittlichen Aufmerksamkeit des Verkehrs auszugehen ist. Beim Warenvergleich komme den unterschiedlichen Indikationen besondere Bedeutung zu. Der Umstand, dass Schmerz- und Fiebermittel auch bei Hauterkrankungen zum Einsatz kommen können, sei nicht ausreichend, um diese als substituierbar zu bezeichnen, weil die primären therapeutischen Indikationen unterschiedlich seien. Das EuG bestätigt deshalb die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die gegenüberstehenden Waren nur einen geringen Ähnlichkeitsgrad aufweisen. Nur hinsichtlich der „chemischen Erzeugnisse für pharmazeutische Zwecke“ meint das EuG, dass dieser Begriff unterschiedliche Interpretationen zulasse. Diese Stoffe könnten auch unter Mittel zur Schmerz- und Fieberreduktion fallen. Insoweit liege also Warenidentität vor. Zur Zeichenähnlichkeit stellt das EuG fest, dass die kollidierenden Wortmarken zwar jeweils dieselbe Buchstaben- und Silbenzahl und dieselbe Vokalfolge aufweisen. Fünf von sieben Buchstaben seien in derselben Reihenfolge identisch, aber die stärker beachteten Zeichenanfänge wissen auch Unterschiede auf. Die deshalb nur leicht überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit sei unter Berücksichtigung der geringen Warenähnlichkeit nicht ausreichend, um Verwechslungsgefahr zu begründen. Dies gelte erst recht wegen der erhöhten Aufmerksamkeit der Verkehrskreise. Anders aber bei den chemischen Stoffen für pharmazeutische Zwecke: Wegen der insoweit angenommenen Warenidentität wurde die Entscheidung der Beschwerdekammer aufgehoben.

Anmerkung

Die vorliegende Entscheidung liegt einmal mehr auf den vom EuG mehrfach festgelegten Grundsätzen zur Waren(un)ähnlichkeit innerhalb der Klasse 5: der Indikation kommt die zentrale Rolle zu. Selbst bei Vorliegen gewisser Berührungspunkte schließen unterschiedliche „Primär-Indikationen“ nach Auffassung des EuG regelmäßig eine höhere Warenähnlichkeit aus. Dies führt oftmals zur Verneinung der Verwechslungsgefahr, wenn – wie hier – die Zeichenähnlichkeit auch noch als nur leicht überdurchschnittlich bezeichnet wird. Immerhin hat das EuG die Beschwerdekammer bei den chemischen Erzeugnissen für pharmazeutische Zwecke korrigiert und Warenidentität mit der Folge der Verwechslungsgefahr bejaht.

 

© Rainer Kaase, LL.M.

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Rechtsanwalt
Harmsen Utescher
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