Multisana
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24. Januar 2015

Multi-Sanostol ≠ Multisana

BPatG, B. v. 27.11.2014, 30 W (pat) 550/13

Der Verkehr sieht in dem Bestandteil „Multi“ einen beschreibenden Hinweis auf Nahrungsergänzungsmittel, so dass diesem Bestandteil jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Deshalb wird der Verkehr bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auch die weiteren Bestandteile beachten, die im Gesamteindruck nicht zurücktreten.

Sachverhalt

Die Dr. Kade Pharmazeutische Fabrik GmbH legt aus ihrer langjährig benutzten Marke MULTI-SANOSTOL gegen die Eintragung der Marke Multisana Widerspruch vor dem DPMA ein. Die ältere Marke MULTI-SANOSTOL ist für „Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel“ eingetragen, wobei das jüngere Zeichen in Klasse 5 für „Nahrungsergänzung für medizinische Zwecke“ Schutz begehrt. Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr der Zeichen verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Trotz der Übereinstimmungen in den Markenanfängen würde sich das jüngere Zeichen wegen des markanten Abstandes in „sana“ und „SANOSTOL“ überaus deutlich von der Widerspruchsmarke abheben. Hiergegen legte Dr. Kade Pharmazeutische Fabrik Beschwerde zum BPatG ein.

Entscheidung

Das BPatG verneinte ebenfalls eine Verwechslungsgefahr. Das Gericht unterstellte dem älteren Zeichen MULTI-SANOSTOL eine normale (durchschnittliche) Kennzeichnungskraft. Die Zuerkennung eines erweiterten Schutzumfangs durch eine intensive Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit scheiterte am Nachweis hierfür. Das Gericht legte das Verkehrsverständnis eines aufmerksamen Publikums, das sich aus Fachkreisen und Endverbrauchern zusammensetze, zu Grunde, denn allem, was mit der Gesundheit zusammenhänge, pflege der Verkehr eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen. Ferner wurde Warenidentität angenommen. Das Gericht entschied, dass sich die Markenwörter Multisana und MULTI-SANOSTOL in klanglicher Hinsicht ausreichend deutlich unterschieden. Rein formal betrachtet stimmten die Vergleichsmarken zwar in der Lautfolge „Multisan-“/„MULTI-SAN“ überein. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass der gemeinsame Anfangsbestandteil „Multi-/MULTI“, der in Wortbildungen als Bestimmungswort „Vielfach-, Viel-“ bedeute, auf dem vorliegenden Warengebiet überaus häufig und in beschreibendem Sinn als Vorsilbe benutzt werde, z.B. in dem Wort „Multivitaminpräparate“. Wegen seiner häufigen Verwendung als beschreibender Hinweis auf Art und Beschaffenheit der maßgeblichen Waren fehle dem Wort „Multi“ jegliche Unterscheidungskraft. Es sei deshalb nicht damit zu rechnen, dass die weiteren Bestandteile nicht beachtet werden oder im Gesamteindruck zurücktreten. Die weiteren Bestandteile „-SANA“ und „-SANOSTOL“ seien derart unterschiedlich, dass mit Verwechslungen nicht zu rechnen sei. Zwar wies die Widersprechende zutreffend darauf hin, dass der Verkehr Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachte als die übrigen Markenteile. Das Gericht verwies darauf, dass dieser Grundsatz jedoch nicht uneingeschränkt gelte, insbesondere dann nicht, wenn der Wortanfang kennzeichnungsschwach, z. B. beschreibend oder verbraucht sei, was hier der Fall sei. Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestünde keine Verwechslungsgefahr. Ebenfalls hier sei relevant, dass es sich bei dem gemeinsamen Wortanfang „Multi-/MULTI-“ im Bereich von Vitaminpräparaten/Nahrungsergänzungsmitteln um ein beschreibendes und verbrauchtes Wort handele. Dies führe dazu, dass der Verkehr die bildlichen Unterschiede in den weiteren Wortbestandteilen „-sana/“-„Sanostol“ bzw. „-SANA/SANOSTOL“ nicht übersehen werde.

Anmerkung

Der Grundsatz, dass der Verkehr Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachte als die übrigen Markenteile und deshalb eine Übereinstimmung in Markenanfängen eher zu einer Verwechslungsgefahr führe, bedarf in jedem Fall einer gesonderten Überprüfung. Denn wenn der gemeinsame Bestandteil beschreibende Anklänge aufweist, prüft das BPatG verstärkt auch die Übereinstimmung an den Wortenden. Dies wird auf europäischer Ebene derzeit in der Regel anders gehandhabt, siehe hierzu z.B. das Urteil des EuG vom 10.12.2014 in der Rechtssache T-605/11, in dem die Verwechslungsgefahr von Biocert und Biocef bejaht wurde.

 

© Margret Knitter, LL.M.

Margret Knitter
Margret Knitter, LL.M.
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