Selesyn vs Selogyn
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12. Dezember 2014

Selesyn / Selogyn

EuG, Urt. v. 12.12.2014, T-173/13

Der Verkehr hat keine Veranlassung, im Zusammenhang mit der breiten Warenkategorie der pharmazeutischen Erzeugnisse die Buchstabenfolge Sele- gedanklich mit Selen in Verbindung zu bringen, zumal es mit Selegilin einen anderen Arzneistoff mit gleichem Wortanfang gibt. (Leitsatz der Redaktion)

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung ist die Anmeldung der Wortmarke Selogyn zum Gemeinschaftsmarkenregister. Die Anmeldung umfasste u.a. pharmazeutische Erzeugnisse, ausschließlich für gynäkologische Anwendung in Klasse 5. Die Inhaberin der deutschen Wortmarke Selesyn legte Widerspruch ein. Die Widerspruchsmarke unterfiel nicht dem Benutzungszwang und schützte insbesondere Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke. Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch vollumfänglich statt. Auch die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Nach Ansicht der Beschwerdekammer seien sich die Zeichen bildlich und klanglich überdurchschnittlich ähnlich, so dass unter Berücksichtigung der Identität oder Ähnlichkeit der Waren auch bei erhöhter Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise die Gefahr von Verwechslungen bestehe.

Entscheidung

Die hiergegen von der Anmelderin eingelegte Klage bleibt erfolglos. Im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise könne der Klägerin nicht in der Annahme gefolgt werden, dass die Wahrnehmung der Fachkreise im Vordergrund stehe. Der relevante Verkehr setze sich sowohl aus Fachleuten im medizinischen und pharmazeutischen Bereich zusammen, als auch aus der breiten Öffentlichkeit. Weiter sei das Argument zurückzuweisen, dass die Beschwerdekammer den Warenvergleich fehlerhaft ausgeführt und etwa zu Unrecht angenommen habe, dass die von der Anmeldung erfassten gynäkologischen Erzeugnisse mit den von der Widerspruchsmarke geschützten pharmazeutischen Erzeugnissen für medizinische Zwecke identisch seien. Richtigerweise seien die von der Anmeldung benannten Waren von der breiteren Warenkategorie der Widerspruchsmarke umfasst. Insbesondere sei auch nicht wie von der Klägerin nahegelegt auf die tatsächliche Benutzung der Marken abzustellen. Im Hinblick auf den Zeichenvergleich seien die Marken bildlich und klanglich ähnlich. Dem Argument der Klägerin, dass die sich gegenüberstehenden Zeichen kurz seien und daher bereits kleine Unterschiede zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck führen können, könne nicht gefolgt werden. Aus Sicht des deutschen Verbrauchers könnten Marken, die aus sieben Buchstaben bzw. drei Silben bestehen, nicht als besonders kurz angesehen werden. Auch das Argument, dass der Verkehr dem Anfangsbestandteil Sele- der Widerspruchsmarke Selesyn einen Hinweis auf Selen entnehme, verfange nicht. Entgegen der Klägerin könne insoweit nicht auf die von der Widersprechenden verkauften und beworbenen Waren abgestellt werden. Die Marke befände sich in noch in der Benutzungsschonfrist, so dass auch hinsichtlich der Frage, ob Sele- auf Selen hinweise, auf sämtliche mit den in Rede stehenden Marken gekennzeichneten Warenkategorien abzustellen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein nicht unbedeutender Teil der breiten Öffentlichkeit „Sele“, den in beiden Zeichen übereinstimmenden Bestandteil „Sel“ bzw. „Se“ (die Abkürzung für Selen im Periodensystem) nicht als Hinweis auf Selen verstehe. Dabei sei ebenfalls zu berücksichtigen, das es zum Beispiel auch einen gegen die Parkinson-Krankheit eingesetzten Wirkstoff mit dem Namen „Selegilin“ gäbe, der kein Selen enthalte. Gegen die Annahme, dass die breite Öffentlichkeit eine gedankliche Verbindung zu Selen herstelle, spreche im Übrigen auch, dass Selen nicht sehr häufig verwendet werde, weder Sele- noch Sel- im Deutschen eine offizielle oder übliche Abkürzung für Selen sei und die Buchstabengruppe Sele- auch in anderen deutschen Wörtern enthalten sei, wie z.B. in „Selektion“.

Anmerkung

Das Urteil enthält umfangreiche Ausführungen zu der regelmäßig aufkommenden Frage, inwieweit vor allem Verbraucher in der Lage sind, sachbeschreibende Hinweise in sprechenden Arzneimittelmarken zu dechiffrieren. Die Begründung ist insoweit interessant, als dass sie nahelegt, dass beispielsweise Hinweise auf den enthaltenen Wirkstoff durch Verwendung breiter Warenverzeichnisse „versteckt“ werden können. Für Widersprechende sicherlich eine oft lohnende Argumentationslinie.   [Red.]

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