Pramino vs Premino
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11. Dezember 2014

Pramino / Premeno

EuGH, Urt. v. 11.12.14, C-31/14 P

Die Einschränkung des Warenverzeichnisses auf die therapeutische Indikation eines Arzneimittels ist zulässig und bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn sie erst nachträglich und mit einer für sich genommenen unerheblichen Einschränkung (hier: fehlende Verschreibungspflicht) verbunden wird. (Leitsatz des Verfassers)

Sachverhalt

Die Anmelderin begehrt die Eintragung des Wortmarke „Premeno“ für „Vaginalzäpfchen“ in Klasse 5. Hiergegen wurde aus der Wortmarke „Pramino“ mit Schutz für „verschreibungspflichtige Arzneimittel“ in Klasse 5 erfolgreich Widerspruch eingelegt. Das Amt sah die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für „verschreibungspflichtige Arzneimittel zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung“ als nachgewiesen an. Die Anmelderin legte hiergegen Beschwerde ein und beantragte die Einschränkung ihres Warenverzeichnisses auf „nicht verschreibungspflichtige Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“. Die Beschwerde blieb erfolglos. Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist die beantragte Einschränkung des Warenverzeichnisses unzulässig. Deshalb liege Warenidentität vor. Denn die zu vergleichenden Waren könnten jeweils der Schwangerschaftsverhütung dienen. Die daraufhin zum EuG erhobene Klage der Anmelderin war erfolgreich und führte zur Aufhebung der Entscheidung. Die Einschränkung des Warenverzeichnisses auf die therapeutische Indikation ist nach Ansicht des EuG rechtskonform, auch wenn das weitere Kriterium der Verschreibungspflicht nicht zu berücksichtigen sei. Die Beschwerdekammer habe deshalb die Verwechslungsgefahr rechtsfehlerhaft auf einen unzutreffend definierten Warenvergleich gestützt. Das HABM beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beschwerde gegen die streitige Entscheidung zurückzuweisen.

Entscheidung

Der EuGH weist das Rechtsmittel des HABM ab. Das EuG habe zu Recht entschieden, dass der streitgegenständliche Einschränkungsantrag nicht allein wegen der Bezugnahme auf das unerhebliche Kriterium der fehlenden Verschreibungspflicht zurückgewiesen werden darf. Denn der Einschränkungsantrag sei auch auf das Kriterium der therapeutischen Indikation gestützt worden. Die therapeutische Indikation stelle bei pharmazeutischen Erzeugnissen ein wesentliches Kriterium für die Bildung einer Untergruppe dieser Waren dar. Unter diesen Umständen sei die Klarheit oder Bestimmtheit des Einschränkungsantrags nicht beeinträchtigt. Dies gelte umso mehr, als die Verschreibungspflicht im Rahmen der Beurteilung der maßgeblichen Verkehrskreise und der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sei.

Anmerkung

Arzneimittel dienen dem gleichen Zweck (Behandlung von Gesundheitsproblemen), richten sich an die gleichen Verkehrskreise (Fachleute des Gesundheitswesens und Patienten) und werden über die gleichen Vertriebswege vermarktet (in der Regel Apotheken). Trotz dieser Gemeinsamkeiten erlaubt die bloße Zugehörigkeit zu der äußerst umfangreichen Produktgruppe der Arzneimittel zunächst nur die Feststellung eines schwachen Grades an Warenähnlichkeit. Arzneimittel zur Schwangerschaftsverhütung und Arzneimittel zur Behandlung bestimmter Infekte sind rechtlich wie tatsächlich allenfalls leicht ähnlich, auch wenn beide Waren der Klasse 5 zuzuordnen sind. Umso größere Bedeutung kommt der Unterscheidung der Arzneimittel nach Untergruppen anhand der therapeutischen Indikation zu. Hierbei ist insbesondere zu fragen, ob es sich bei den fraglichen Produkten um miteinander konkurrierende (austauschbare) Waren handelt. Aus diesem Grund hat der EuGH zu Recht bestätigt, dass die Einschränkung des Warenverzeichnisses auf die therapeutische Indikation zulässig und beim Warenvergleich als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen ist. Dass die Anmelderin mit der weiteren Einschränkung auf „nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel“ gleichsam über das Ziel hinausgeschossen ist, ändert daran nichts.

 

© Dr. Ralf Möller, M.Jur.

Ralf Möller
Dr. Ralf Möller, M.Jur.
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