Delta Portugal vs Delta
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10. September 2014

Delta Portugal / Delta

EuG, Urt. v. 10.9.2014, T-218/12

Pharmazeutische Erzeugnisse und Medizinprodukte können einander ähnlich sein, wenn sie in demselben medizinischen Fachbereich eingesetzt und daher als einander ergänzende Waren angesehen werden können. (Leitsatz des Verfassers)

Sachverhalt

Die Entscheidung betrifft die Gemeinschaftsmarkenanmeldung „DELTA“ für „medizinische und chirurgische Geräte, nämlich Mikrospulen für die endovaskulare Chirurgie zur Behandlung von Aneurysmen“ (Klasse 10). Gegen diese Anmeldung legte die Inhaberin der älteren Marke „DELTA PORTUGAL“, die unter anderem in Portugal für „pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Hygienepräparate und diätetische Erzeugnisse“ geschützt ist, Widerspruch ein. Auf den von der Anmelderin erhobenen Nichtbenutzungseinwand stellte die Widerspruchsabteilung die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für „pharmazeutische und diätetische Erzeugnisse“ fest und gab dem Widerspruch vollumfänglich statt. Die Beschwerdekammer hat die Entscheidung bestätigt. Die Widerspruchsmarke sei für eine Vielzahl pharmazeutischer Erzeugnisse für unterschiedliche Indikationen benutzt, sodass eine Beschränkung auf Unterkategorien nicht in Betracht komme. Die Widerspruchsabteilung sei zutreffend von einer relevanten Warenähnlichkeit ausgegangen. Angesichts der Übereinstimmung der Zeichen in dem Bestandteil „DELTA“ und des Umstands, dass der zusätzliche Bestandteil der Widerspruchsmarke „PORTUGAL“ seinen Grund in Besonderheiten des zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke geltenden portugiesischen Markengesetzes habe, sei die Widerspruchsabteilung zutreffend von dem Bestehen von Verwechslungsgefahr ausgegangen.

Entscheidung

Das EuG bestätigt die Entscheidung. Die Beschwerdekammer habe zu Recht auf die mit endovaskularer Chirurgie befassten Fachkreise abgestellt. Eine weitere Einschränkung dieser Fachkreise auf Hirnchirurgen komme entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht in Betracht, da die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren auch in anderen chirurgischen Bereichen eingesetzt werden könnten; auf die tatsächlich von der Anmelderin hergestellten Waren komme es dabei nicht an. Das EuG bestätigt auch die von der Beschwerdekammer festgestellte Warenähnlichkeit. Zwar sei die Beschaffenheit der Waren unterschiedlich; darüber hinaus könne auch nicht angenommen werden, dass die Vertriebskanäle dieser Waren identisch seien, auch wenn beide Waren von zentralen Einkaufsabteilungen größerer Krankenhäuser angeschafft werden könnten. Die Beschwerdekammer sei aber zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den pharmazeutischen Erzeugnissen der älteren Marke und den Medizinprodukten der jüngeren Marke um einander ergänzende Waren handele, da die Produkte der Anmeldemarke für den Einsatz in der endovaskularen Chirurgie zur Behandlung von Aneurysmen bestimmt seien und die Bestimmung der Waren der Widerspruchsmarken in der prä- oder postoperativen Behandlung oder der Prävention solcher Aneurysmen liegen könne. Ausgehend von der danach bestehenden Warenähnlichkeit habe die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass Verwechslungsgefahr besteht. Das würde im Übrigen auch dann gelten, wenn man – entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer – den Bestandteil „PORTUGAL“ der Widerspruchsmarken in dem Zeichenvergleich berücksichtigte, da dieser Bestandteil nur schwach unterscheidungskräftig sei und darüber hinaus der Bestandteil „DELTA“ schriftbildlich deutlich im Vordergrund stehe.

Anmerkung

Die Entscheidung ist insbesondere wegen der Ausführungen zur Ähnlichkeit von pharmazeutischen Erzeugnissen und Medizinprodukten interessant. Nach Auffassung des EuG spielt der Umstand, dass die Waren einander in einem bestimmten medizinischen Fachbereich ergänzen können, eine entscheidende Rolle; das entspricht der Rechtsprechung des EuG zur Ähnlichkeit von Arzneimitteln untereinander, in der der Frage der Komplementarität ebenfalls eine wichtige Rolle zukommt. Auch in Bezug auf Medizinprodukte wird es insoweit stets auf das spezielle Anwendungsfeld sowohl des Medizinproduktes als auch des pharmazeutischen Mittels ankommen; nur wenn ein Einsatz in demselben (eng umgrenzten) medizinischen Fachbereich tatsächlich in Frage kommt, wird man eine hinreichende Warenähnlichkeit annehmen können.

 

© Dr. Jan Heidenreich, LL.M.

Jan Peter Heidenreich
Dr. Jan Heidenreich, LL.M.
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