FEMIBION vs FEMIVIA
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16. Juli 2014

femibion / Femivia

EuG, Urt. v. 16.7.2014, T-324/13

Auch kennzeichnungsschwache Zeichenbestandteile können den Gesamteindruck eines Gesamtzeichens mitprägen, insbesondere wenn sie durch ihre Platzierung am Zeichenenafang oder ihre Größe hervorstechen. Dies ist bei der Anfangssilbe „Fem-“ in den Zeichen Femibion und Femivia der Fall. (Leitsatz der Redaktion)

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung ist die zum Gemeinschaftsmarkenregister angemeldete Marke Femivia, die für pharmazeutische Erzeugnisse zur Verhinderung und Behandlung von Wechseljahresbeschwerden Schutz beanspruchte. Gegen diese Anmeldung wurde Widerspruch eingelegt, der u.a. auf die oben abgebildete und für identische Waren eingetragene Kombinationsmarke gestützt war. Die Widerspruchsabteilung des HABM wies den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurück. Die Zeichen würden im Wesentlichen in dem Anfangsbestandteil „Femi-“ übereinstimmen, der für die in Rede stehenden Waren nur eine geringe Kennzeichnungskraft habe. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hin hob die Vierte Beschwerdekammer diese Entscheidung auf und wies die Anmeldung zurück. Aus Sicht des spanisch sprechenden Verkehrs, der die Konsonanten „B“ und „V“ gleich ausspreche, seien die Marken klanglich hochgradig ähnlich. Die Anfangssilbe „Fem-“ würde vom Verkehr nicht als beschreibend erkannt werden. Insgesamt habe die Widerspruchsmarke durchschnittliche Kennzeichnungskraft, so dass insgesamt Verwechslungsgefahr bestehe. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Klage.

Entscheidung

Die Klage ist nicht erfolgreich. Entgegen der Ansicht der Beschwerdekammer schließt sich das EuG der Auffassung der Widersprechenden an, dass sich die in Rede stehenden Marken verwechslungsfähig gegenüberstehen. Sie würden jeweils Schutz in der gesamten EU genießen. Die Beschwerdekammer sei deshalb aus Gründen der Verfahrensökonomie berechtigt gewesen, die Verwechslungsgefahr aus der Sicht des spanisch sprechenden Verkehrs zu beurteilen. Soweit die Widersprechende meint, die Widerspruchsmarke sei eine Kombination der englischsprachigen Begriffe „feminine“ und „tribion“, folge daraus nicht, dass die Verwechslungsgefahr aus Sicht des englischsprachigen Publikums zu beurteilen sei. Unter Berücksichtigung der von der angegriffenen Marke umfassten Waren werde der spanische Verkehr den übereinstimmenden Zeichenanfang als Hinweis auf „femenino“ verstehen, welches die Bestimmung der Waren beschreibt. Aber auch kennzeichnungsschwache Elemente können mitzuberücksichtigen sein, etwa wegen ihrer Platzierung am Zeichenanfang oder ihrer Größe. Insgesamt sei aus Sicht des spanisch sprechenden Verkehrs eine durchschnittliche visuelle und eine hochgradige klangliche Zeichenähnlichkeit gegeben. Zudem gäbe es auch eine gewisse begriffliche Nähe zwischen den Zeichen. Auch wenn das Publikum im erhöhten Maße aufmerksam sei, würde es die Marken nicht bis ins kleinste Detail analysieren und müsse sich auf sein ungenaues Erinnerungsbild verlassen.

Anmerkung

Auf den ersten Blick mag die Beurteilung des EuG, dass die Zeichen Femivia und femibion verwechslungsfähig sind, überraschen. Da es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um Präparate für die Frauengesundheit handelt und das EuG davon ausgegangen ist, dass der übereinstimmende Zeichenanfang als beschreibend verstanden werde, scheint zunächst einiges dafür zu sprechen, diese Übereinstimmung entsprechend zu gewichten und Verwechslungsgefahr zu verneinen. Dass das EuG zu einer anderen Beurteilung gefunden hat, ist insbesondere den Aussprachegewohnheiten in Spanien geschuldet, wo Femivia in der Tat [FE-MI-BIA] ausgesprochen wird. Damit ist eine größere Zeichennähe zu femibion gegeben, als man unter Berücksichtigung deutscher Ausspracheregeln intuitiv annehmen würde. Da gem. Art. 8 Abs. 2 GMV Verwechslungsgefahr in einem Mitgliedstaat ausreicht, gab dies den Ausschlag. Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, beim Vorgehen gegen Gemeinschaftsmarken die Verwechslungsgefahr nicht nur durch die nationale Brille zu betrachten und den Besonderheiten des Gemeinschaftsmarkensystems angemessen Rechnung zu tragen.

 

© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.

David Slopek
Dr. David E.F. Slopek, LL.M.
Rechtsanwalt
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