Auch wenn Arzneimittel medizinischen Zwecken und Lebensmittel Nährzwecken dienen, kann unter Berücksichtigung der therapeutischen Indikation der Arzneimittel eine gewisse Warenähnlichkeit gegeben sein. (Leitsatz der Redaktion)
Sachverhalt
Die Entscheidung betrifft die Eintragung der deutschen Marke Donath für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, darunter u.a. chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke in Klasse 1 sowie diverse Lebensmittel in Klassen 29 bis 32. Gegen diese Anmeldung legte die Inhaberin der für Arzneimittel in Klasse 5 eingetragenen Marke Dona Widerspruch ein. Die Markenstelle verneinte insoweit Verwechslungsgefahr. Auch die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung blieb erfolglos. Soweit die angegriffene Marke Lebensmittel umfasse, sei zu berücksichtigen, dass diese gegenüber Arzneimitteln einen anderen Verwendungszweck hätten und andere Inhaltsstoffe enthielten. Auch dass Lebensmitteln zuweilen Vitamine oder vergleichbare Wirkstoffe zugesetzt werden und beispielsweise Bonbons in Apotheken zum freien Verkauf angeboten würden, vermöge keine Ähnlichkeit zu Arzneimitteln zu begründen. Hiergegen legte die Widersprechende Beschwerde ein. Die Inhaberin der angegriffenen Marke verwies sodann darauf, dass die dem Benutzungszwang unterfallende Widerspruchsmarke ausschließlich für Analgetika/Antirheumatika benutzt wurden sei. Eine weitergehende Benutzung werde bestritten. Die Widersprechende machte eine weitergehende Benutzung nicht geltend.
Entscheidung
Die von der Widersprechenden eingelegte Beschwerde bleibt erfolglos. Das BPatG geht mit dem DPMA davon aus, dass keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die Marken seien in klanglicher Hinsicht überdurchschnittlich, indes nicht hochgradig ähnlich. Insofern sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine überschaubare Zeichenlänge handele, bei der der an sich nicht sonderlich auffallende Endlaut „th“ jedenfalls nicht völlig zurücktrete. Vor diesem Hintergrund seien die in Rede stehenden Waren nicht hinreichend ähnlich, um Verwechslungsgefahr zu begründen. Soweit die angegriffene Marke Lebensmittel in Klassen 29 bis 32 umfasse, schließe der Senat eine (geringe) Warenähnlichkeit zu Analgetika/Antirheumatika zwar nicht aus. Zu berücksichtigen sei aber, dass Lebensmittel Nährzwecken dienen würden, wohingegen die von der Widerspruchsmarke geschützten Waren medizinischen Zwecken dienen würden. Soweit Arznei- und Lebensmittel über dieselben Vertriebswege gehandelt werden, werde regelmäßig eine räumliche Trennung eingehalten, was einem möglichen Anschein übereinstimmender Herkunft entgegenwirke. Auch eine verwechslungsbegründende Ähnlichkeit der von der Widerspruchsmarke erfassten Waren und chemischen Erzeugnissen in Klasse 1 sei nicht gegeben. Die Waren seien anderen Fertigungsstufen mit unterschiedlichen Abnehmern zuzuordnen. Eine andere Beurteilung sei deshalb auch dann nicht dadurch gerechtfertigt, dass Arzneimittelhersteller möglicherweise Halbprodukte selbst fertigen würden.
Anmerkung
Der Beschluss betrifft die in der Praxis relevante Frage, inwieweit Arznei- und Lebensmittel als ähnlich anzusehen sind. Das BPatG gibt hier keine dogmatische Antwort, sondern scheint einer einzelfallbezogenen Bewertung unter Berücksichtigung der therapeutischen Indikation der Arzneimittel den Vorzug zu geben. Soweit es im zu entscheidenden Fall um Analgetika bzw. Antirheumatika ging, war das Gericht merklich zurückhaltend, Warenähnlichkeit zu bejahen. Unter dem Strich sah es aber eine wohl noch geringe Warenähnlichkeit gegeben. Diese Bewertung lässt sich allerdings nicht unterschiedslos auf Arzneimittel mit anderer Indikation oder gar auf pharmazeutische Erzeugnisse im Allgemeinen übertragen. Gerade unter die breite Kategorie der pharmazeutischen Erzeugnisse können durchaus auch Produkte fallen, die der Verbraucher nur schwerlich von Lebensmitteln wird unterscheiden können. Als Beispiel seien Heilkräutertees (Klasse 5) und Kräutertees (Klasse 30) genannt. Die Grenzen zwischen gesundheitsfördernden Lebensmitteln und pharmazeutischen Präparaten sind fließend. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich die Gerichte im zunehmenden Maße mit der aus regulatorischen Gründen gebotenen Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln befassen.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.