Die Zeichen „Menodoron“ und „Menochron“ sind verwechslungsfähig. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das relevante Publikum, zu dem auch Endverbraucher gehören, ausreichende Sprach- und Fachkenntnisse hat, um den Sinn der Bestandteile „Meno-“, „-chron“ oder „-doron“ zu verstehen. (Leitsatz der Redaktion)
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung ist die Gemeinschaftsmarkenanmeldung „Menochrom“ für „pharmazeutische Erzeugnisse“ und andere Waren in Klassen 3 und 5. Gegen die Anmeldung legte der Inhaber der älteren Gemeinschaftsmarke „Menodoron“, die für identische Waren in Klassen 3 und 5 eingetragen war, Widerspruch ein. Die Widerspruchsabteilung des HABM bejahte Verwechslungsgefahr i.S.v. Art. 8 Abs. 1 lit. b GMV. Auf den von der Anmelderin eingelegten Widerspruch hin bestätigte die Vierte Beschwerdekammer diese Bewertung. Auch wenn im Hinblick auf „pharmazeutische Erzeugnisse“ von einer erhöhten Aufmerksamkeit der Endverbraucher auszugehen sei, stünden sich die Zeichen aufgrund ihrer hohen schriftbildlichen und durchschnittlichen klanglichen Ähnlichkeit insgesamt verwechslungsfähig gegenüber. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage bleibt erfolglos. Das EuG bestätigt die Beschwerdekammer in ihrer Beurteilung, wonach zwischen den Zeichen „Menodoron“ und „Menochron“ Verwechslungsgefahr bestehe. Die Beschwerdekammer sei richtigerweise von einer erhöhten Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise ausgegangen. Auch den Ausführungen der Klägerin zur Zeichenähnlichkeit vermochte das EuG nicht zu folgen. Die Klägerin stellte sich auf den Standpunkt, dass der übereinstimmende Zeichenanfang „Meno-“ keine Kennzeichnungskraft habe, so dass nur die Endungen „-doron“ und „-chron“ miteinander zu vergleichen seien. Die Endungen würden aber ganz unterschiedliche Assoziationen erwecken. Nach Ansicht des EuG verfange dieses Argument schon deswegen nicht, weil es fälschlich auf der Prämisse aufbaue, dass das relevante Publikum spezifische Sprach- und Fachkenntnisse habe. Tatsächlich könne aber weder davon ausgegangen werden, dass das Publikum, zu dem auch der Endverbraucher gehöre, hinreichende Kenntnisse der lateinischen und griechischen Sprache habe, um die Bedeutung der Bestandteile „Meno-“ und „-chron“ zu verstehen, noch davon, dass es fundierte Kenntnisse im medizinischen Bereich habe, aufgrund derer es die Bedeutung von „-doron“ erfassen könnte. Schließlich verfange auch das Argument der Klägerin nicht, dass die schriftbildliche Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen sekundär sei und völlig in den Hintergrund trete. Das Vorbringen laufe darauf hinaus, dass der klangliche Zeichenvergleich stets entscheidend sei. Dieser Ansatz fände in der Rechtsprechung aber keine Grundlage.
Anmerkung
Das Urteil liegt auf einer Linie mit den beiden im selben Monat erlassenen Urteilen in Sachen Pentasa ./. Octasa. Ihnen ist eine differenzierte Sicht auf den beschreibenden Gehalt sog. sprechender Marken gemein, wie sie im Arzneimittelsektor seit jeher üblich sind. Es reicht nicht aus, zu behaupten, dass bestimmte Zeichenbestandteile aufgrund eines beschreibenden Sinngehalts kennzeichnungsschwach seien und deshalb beim Zeichenvergleich in den Hintergrund treten würden. Die Gretchenfrage lautet vielmehr stets, ob der Endverbraucher – der selbst bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mitzuberücksichtigen ist und auf dessen Verkehrsverständnis es daher entscheidend ankommt – auch in der Lage ist, den hinter der Marke stehenden Sinngehalt zu entschlüsseln. Hier kommt es stark auf den Einzelfall an. So dürfte eine sprachlich unzweideutige Anspielung auf einen Wirkstoff, die zudem auch auf dem jeweiligen Markt weit verbreitet ist, leichter zu verstehen sein, als z.B. im vorliegenden Fall die Endung „-doron“. Da das Urteil die Frage nach dessen Bedeutung offen lässt, hier noch des Rätsels Lösung: Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Geschenk“. Die sog. anthroposophische Medizin benutzt ihn für „Doron-Arzneimittel“.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.