Eine übliche und zudem häufig verwendete Platzgeschäftsbezeichnung für Apotheken (hier: Engel Apotheke) ist in einem einschlägigen Produktzusammenhang nicht unterscheidungskräftig und deshalb nicht geeignet, eine Wort-/Bildmarke zu prägen.
Sachverhalt
Hintergrund der Entscheidung ist die beim DPMA für Waren und Dienstleistungen in Klassen 3, 5 und 44 eingetragene Wortmarke ENGEL APOTHEKE SEEHEIM. Die Inhaberin der als Geburtsstätte des Arzneimittelherstellers Merck KGaA geltenden Engel Apotheke aus Darmstadt legte hiergegen Widerspruch ein, den sie auf die oben abgebildete Wort-/Bildmarke stützte: Der Inhaber der angegriffenen Marke führte aus, dass die Bezeichnung „Engel Apotheke“ als solche nicht schutzfähig sei, weil es bundesweit fast 200 Apotheken mit diesem Namen gebe. Die Übereinstimmung in diesem Bestandteil könne deswegen nicht genügen, um Verwechslungsgefahr zu begründen. Das DPMA folgte dieser Argumentation nicht. Es bejahte Verwechslungsgefahr und ordnete die Löschung der angegriffenen Marke an.
Entscheidung
Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolgreich. Nach Ansicht des BPatG stehen sich die in Rede stehenden Zeichen nicht verwechslungsfähig gegenüber. Maßgeblich sei insofern, dass die Wortfolge „Engel Apotheke“ keine Kennzeichnungskraft habe. Der Senat habe mit Hilfe der Internetseite ApoIndex feststellen können, dass es bundesweit 142 „Engel-Apotheken“ gebe sowie 26 weitere Apotheken, die das Element „Engel-Apotheke“ in ihrem Namen tragen. Die Apotheken würden von 150 verschiedenen Eigentümern geführt. Es handele sich um typische Platzgeschätsbezeichnungen. Das Wesensbestimmende einer solchen Bezeichnung sei, dass sich ihr räumlicher Schutzbereich nicht auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke, sondern auf ein lokal bzw. regional begrenztes Gebiet. Aus diesem Grund seien Platzeschäftsbezeichnungen namentlich für Apotheken vom BPatG mehrfach als nicht unterscheidungskräftig beurteilt worden, so z.B. die Bezeichnungen „Johannes Apotheke“ oder „Kreuz Apotheke“. Derlei häufig verwendete Bezeichnungen würden ihre Unterscheidungs- bzw. Kennzeichnungskraft ausschließlich aus ihrem lokalen bzw. regionalen Bezug gewinnen, wobei diese Zuordnung auch durch eine konkrete Ortsangabe innerhalb des Zeichens erfolgen könne. Mangels Unterscheidungskraft seien solche Zeichen nicht geeignet, eine Wort-/Bildmarke zu prägen und allein kollisionsbegründend zu wirken. Auch der Hinweis der Widersprechenden, dass sich die Überlegungen des Senats zur fehlenden Schutzfähigkeit der Bezeichnung „Engel Apotheke“ allenfalls auf pharmazeutische Dienstleistungen beziehen könnten, nicht aber auf die in Rede stehenden Waren, gehe fehl. Sämtliche Waren stünden in einem engen Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke bzw. einer üblichen Platzgeschäftsbezeichnung einer Apotheke. Pharmazeutische Erzeugnisse und die übrigen in Klasse 5 beanspruchten Waren würden zum Kernsortiment einer Apotheke gehören. In vielen Apotheken würden zudem spezielle hochpreisige Kosmetik- oder Körperpflegeprodukte und andere Waren aus Klasse 3 vertrieben. Es sei allgemein bekannt, dass es Firmen gäbe, die solche Produkte ausschließlich oder zumindest bevorzugt über Apotheken vertreiben, darunter sog. Apotheken-Kosmetikmarken wie Vichy, Eucerin, frei, medipharma cosmetics, Claire Fisher u.a.
Anmerkung
Die Entscheidung ist weit über den konkret entschiedenen Fall hinaus von praktischer Bedeutung. Dies nicht nur, da es im Bundesgebiet über 160 Engel Apotheken gibt, sondern auch, weil das BPatG andeutet, dass die in der Entscheidung formulierten Grundsätze auch für andere typische Platzgeschäftsbezeichnungen wie etwa Bären-, Brunnen, Löwen- oder Sonnen-Apotheke gelten würden. In der Tat kann man durchaus kritisch hinterfragen, ob derlei Bezeichnungen ohne weitere unterscheidungskräftige Zusätze als Marke geschützt werden sollen. Das BPatG bezieht zu dieser Frage klar Stellung und verweist darauf, dass es auf der Hand liegende Missbrauchsmöglichkeiten gäbe, wenn ein Unternehmen eine übliche und häufig verwendete Platzgeschäftsbezeichnung für sich monopolisieren könnte. Da das Gericht die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen hat, ist aber noch nicht klar, ob damit schon das letzte Wort gesprochen ist.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.