Der deutsche Fachverkehr für Mittel zur Gesundheitspflege und für pharmazeutische Produkte sowie die inländischen Erbringer medizinischer Dienstleistungen können im Einzelfall Begriffe des polnischen Grundwortschatzes verstehen. (Leitsatz der Redaktion)
Sachverhalt
Die Anmelderin begehrt die Schutzerstreckung der IR-Marke „MIOD“ auf Deutschland. Die Marke umfasst pharmazeutische Erzeugnisse für Menschen sowie andere Waren und Dienstleistungen in Klassen 3, 5 und 44. Die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen im Hinblick auf die beanstandeten Produkte jegliche Unterscheidungskraft i.S.v. 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle und es zudem i.S.v. 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibend sei. Bei dem Zeichen handele es sich um das polnische Wort für Honig. Die in Rede stehenden Waren in Klassen 3 und 5 könnten Honig als Wirkstoff beinhalten, die betreffenden Dienstleistungen wiederum könnten mit der Anwendung von Honigprodukten im Zusammenhang stehen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Dass BPatG bestätigt die Markenstelle in ihrer Auffassung, dass „MIOD“ für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen eine freihaltebedürftige Merkmalsbeschreibung darstelle.
Bei der Beurteilung, ob es sich bei einem Zeichen aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise um eine beschreibende Angabe handelt, könne nicht nur auf den Verbraucher abgestellt werden. Auch das Verständnis des Handels sei zu berücksichtigen. Wenn ein Begriff in der Sprache eines anderen Mitgliedstaates der EU beschreibend sei, komme es entscheidend darauf an, ob die Beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem Schutz beantragt wird, in relevantem Umfang in der Lage seien, den beschreibenden Gehalt als solchen zu verstehen. Im vorliegenden Fall würden sich die von der Marke erfassten Produkte u.a. an den inländischen Fachverkehr für Mittel zur Gesundheitspflege, für pharmazeutische Produkte sowie an die Erbringer medizinischer Dienstleistungen richten. Das in Rede stehende Zeichen gehöre zum Grundwortschatz im Polnischen. Die Kenntnis über die heilungsfördernde, antibakterielle Wirkung von Honig gehe bereits auf Hippokrates von Kos zurück und sei jedenfalls den relevanten Fachkreisen bekannt. Zwischen Deutschland und Polen herrsche ein reger Handelsaustausch. Polen sei Deutschlands zehntwichtigster Handelspartner, andersherum ist Deutschland Polens wichtigster Handelspartner. Der deutsche Bedarf an Honig lasse sich nur durch Importe decken, wobei Polen innerhalb der EU bei der Herstellung von Honig eine besondere Bedeutung zukomme. Der internationale Fachhandel in Deutschland verstehe „MIOD“ daher im relevanten Umfang als beschreibend. Eine Monopolisierung des Begriffs könnte sich im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten als Handelshemmnis erweisen.
Anmerkung
Dass sich das BPatG auf den Standpunkt stellt, der deutsche Fachverkehr im medizinisch-pharmazeutischen Bereich würde das polnische Wort „Miod“ als „Honig“ verstehen, wirkt kontraintuitiv. Auch die für dieses Ergebnis angeführte Begründung ist nicht eben griffig, sondern eher eine lange Indizienkette mit mehr als nur einem schwachen Glied. Erstens: Die in Rede stehenden Waren können Honig enthalten oder mit Honigprodukten im Zusammenhang stehen. Zweitens: Polen ist Deutschlands zehntwichtigster Handelspartner (dass andersherum Deutschland Polens wichtigster Handelspartner ist, ist für das Verkehrsverständnis hierzulande unerheblich). Drittens: Deutschlands Bedarf an Honig lässt sich nur durch Importe decken. Viertens: Polen sei ein bedeutender Hersteller von Honig. Das BPatG lässt diese Beobachtungen genügen, um der Marke den Schutz zu versagen. Ein konkreter Nachweis dafür, dass dem Fachverkehr gerade auch im medizinisch-pharmazeutischen Bereich „Miod“ tatsächlich bekannt sei, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Sie war wohl den Umständen des Einzelfalls geschuldet. Wollte man die Entscheidung verallgemeinern, würde dies die Gefahr einer amtsseitigen Beanstandung deutlich vergrößern. Bei der Prüfung einer deutschen Markenanmeldung müssten dann im Zweifel sämtliche Amtssprachen mit in Betracht gezogen werden – das kann kaum gewollt sein.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.