Hat der Widersprechende für beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 MarkenG Nachweise zur Benutzung der Widerspruchsmarke zu erbringen, so werden Faltschachteln, die in Bezug ?auf den ersten Zeitraum zum Nachweis der Art der Benutzung vorgelegt wurden, für den zweiten Zeitraum nicht automatisch mutberücksichtigt. (Leitsatz der Redaktion)
Sachverhalt
Hintergrund der Entscheidung ist die auf Deutschland erstreckte international registrierte Marke „Rosalgin“, gegen die die Inhaberin der deutschen Wortmarke „Novalgin“ Widerspruch eingelegt hat. Die dem Benutzungszwang unterfallende Widerspruchsmarke ist für „Pharmazeutische und therapeutische Produkte“ in Klasse 5 eingetragen. Auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobene Nichtbenutzungseinrede hin, hat die Widersprechende im April 2008 eine eidesstattliche Versicherung mit Umsatzangaben für die Jahre 2002 bis 2007, Kopien von Faltschachteln und weitere Benutzungsnachweise vorgelegt. Das DPMA hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, ohne dabei auf die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einzugehen.
Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden bleibt erfolglos. Nach Ansicht des BPatG scheitert der Widerspruch schon daran, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Da das Bestreiten der rechtserhaltenden Benutzung undifferenziert erfolgte, seien beide Benutzungszeiträume gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG betroffen. Demnach sei die rechtserhaltende Benutzung nicht nur für die letzten fünf Jahre vor Veröffentlichung der angegriffenen Eintragung nachzuweisen, sondern auch für die letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch. Im Hinblick auf den zweiten Benutzungszeitraum (September 2008 bis September 2013) seien der im Dezember 2011 neu eingereichten eidesstattlichen Versicherung zwar womöglich Umsätze für die Jahre 2008 bis 2011 zu entnehmen. Auch habe die Widersprechende für diesen Zeitraum Kopien aus der Roten Liste und von Rechnungen eingereicht. Sie habe allerdings keine Nachweise vorgelegt, die zeigen, in welcher Form die Widerspruchsmarke tatsächlich verwendet wurde. Insbesondere sei weder erklärt noch glaubhaft gemacht worden, dass die Verpackungen im zweiten Benutzungszeitraum entsprechend gestaltet waren oder die Verwendung der Marke so erfolgte, wie im ersten Benutzungszeitraum.
Anmerkung
Für die Widersprechende dürfte es eine bittere Pille sein, dass der Widerspruch einer nach dem Sachverhalt offenbar benutzten Marke schon an dem Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung gescheitert ist. Die Entscheidung mahnt eindringlich, den Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung einer dem Benutzungszwang unterfallenden Marke nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Mit einer eidesstattlichen Versicherung belegte Umsatzangaben, Rechnungen und Auszüge aus der Roten Liste reichen für den erforderlichen Nachweis nicht aus, da sich hieraus noch nicht ergibt, in welcher Form die Marke benutzt wurde. Der vom BPatG im konkreten Fall angewendete Maßstab ist streng. Die Widersprechende hat womöglich darauf vertraut, dass die für den ersten Benutzungszeitraum vorgelegten Faltschachteln auch ohne ausdrückliche Klarstellung für den zweiten Benutzungszeitraum Berücksichtigung finden, da sich das Packungsdesign anders als z.B. Umsatzzahlen nicht von Jahr zu Jahr ändert. Das BPatG hat nun klar gestellt, dass eine automatische Mitberücksichtigung nicht erfolgt. In der Praxis bedeutet dies, dass es nicht ausreicht, bei Erhebung der Nichtbenutzungseinrede beide relevanten Benutzungszeiträume im Blick zu behalten. Vielmehr muss für beide Zeiträume der Benutzungsnachweis formal vollständig erbracht werden, so dass jeweils für sich genommen Art, Zeit, Ort und Umfang der Benutzung dargetan und glaubhaft gemacht werden.
© Dr. David E.F. Slopek, LL.M.