Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind Zeichenbestandteile, die auf einen im Einzelfall einschlägigen Wirkstoff schließen lassen, zu gewichten. Übereinstimmungen in solch sprechenden Elementen können deshalb aus Rechtsgründen zu relativieren sein. (Leitsatz der Redaktion)
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung ist die Anmeldung der deutschen Wortmarke Pantoprem für „Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Magen-Darm-Präparate“ in Klasse 5. Gegen die Anmeldung legte die Inhaberin der älteren Marke Pantopan Widerspruch ein. Die Markenstelle für Klasse 5 des DPMA wies den Widerspruch zurück. Trotz Warenidentität sei keine Verwechslungsgefahr gegeben. Der übereinstimmende Zeichenbestandteil „Panto-“ werde vom Verkehr als Hinweis aus den Wirkstoff der Präparate verstanden. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Das BPatG bestätigte die Beurteilung der Markenstelle, wonach sich die Zeichen Pantoprem und Pantopan nicht verwechslungsfähig gegenüberstehen. Insofern sei zu berücksichtigen, dass das Gewicht der Übereinstimmung im Anfangsbestandteil „Panto-“ aus Rechtsgründen zu relativieren sei. Der Bestandteil weise auf den insbesondere bei Magen-Darm-Präparaten verwendeten Wirkstoff Pantoprazol hin. Dass es auch in anderen Indikationsbereichen entsprechende Präparatebezeichnungen gibt (z.B. das gegen Haarausfall eingesetzte Präparat Pantovigar), ändere nichts daran, dass die betroffenen Verkehrskreise bei Magen-Darm-Präparaten von einem Zusammenhang mit dem Wirkstoff ausgehen würden. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass die Wirkstoffbezeichnungen für die Patienten in den letzten 10 Jahren eine immer größere Bedeutung erlangt haben. Es sei eine zunehmend verbreitete Praxis, dass Ärzte nicht mehr bestimmte Präparate verordnen, sondern Wirkstoffe, bei denen die Apotheken dann zur Abgabe des jeweils preisgünstigsten Präparats verpflichtet seien. Vor diesem Hintergrund könne davon ausgegangen werden, dass den Abnehmern der einschlägigen Präparate die Wirkstoffbezeichnung bekannt sei. Schließlich sei die Markenbildungspraxis im Arzneimittelsektor zu berücksichtigen. Neben der weit verbreiteten Übung, vollständige Wirkstoffbezeichnungen mit Firmenkennzeichen zu kombinieren, gäbe es auch eine verbreitete und allgemein bekannte Praxis, Anfangssilben von Wirkstoffbezeichnungen mit weiteren, meist phantasievollen Wortelementen zu verbinden.
Anmerkung
Das BPatG trifft bemerkenswert ausführliche und deutliche Ausführungen zu der Frage, inwieweit Übereinstimmungen in Bezug auf beschreibende Elemente sprechender Arzneimittelmarken bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind. Der Sache nach ist die Auffassung, dass solche Übereinstimmungen zu relativieren sind, zwar nicht neu. Gleichwohl ist es zu begrüßen, dass das BPatG die von beiden Parteien angeregte Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen hat. Während die deutsche Entscheidungspraxis eine zunehmende Tendenz dahingehend zeigt, beschreibende Zeichenbestandteile unberücksichtigt zu lassen, hat das EuG zuletzt wiederholt betont, dass auch kennzeichnungsschwache Zeichenbestandteile Einfluss auf den Gesamteindruck haben und so verwechslungsfördernd wirken können. Insofern darf man nicht nur darauf gespannt sein, wie sich der BGH im vorliegenden Fall positionieren wird, sondern auch, ob und inwiefern er sich mit der teils abweichenden Praxis auf Gemeinschaftsebene auseinandersetzen wird. [Red.]